Das Thema Stuhltransplantation ist lange nicht so ekelerregend, wie Sie vielleicht denken. Gastroenterologen sprechen lieber von einem Stuhltransfer oder, ganz wissenschaftlich, von einem fäkalen Mikrobiomtransfer. Hierbei wird Spenderstuhl oder die daraus gewonnen Bakterien auf einen anderen Menschen übertragen, dessen Darmflora zerstört ist. Die Methode gewinnt langsam wieder an Bedeutung, nachdem sie lange Jahre keinen festen Platz in der modernen Medizin für sich beanspruchen konnte.

Die Geschichte der Stuhltransplantation geht weit zurück. In China wird der Stuhltransfer schon im vierten Jahrhundert erstmalig erwähnt. Im Lauf der Zeit wird entweder der komplette Stuhl eines Menschen verwendet oder Wissenschaftler isolieren einzelne Kulturen aus einer Probe. Um das Jahr 1600 nutzten Bauern den Mageninhalt gesunder Rinder, um kranke Tiere mit Verdauungsstörungen zu behandeln.

Auch die Beduinenvölker aus dem Norden Afrikas behandelten Durchfall, indem sie den Stuhlgang ihrer Kamele einnahmen. Im Jahr 1958 gelang erstmals die geplante Behandlung einer pseudomembranösen Kolitis (einer Darmentzündung) mit einem Stuhltransfer. Heute, rund 60 Jahre später, steigt das Interesse der medizinischen Welt am Stuhlgang und seinen Fähigkeiten deutlich wieder an.

Was ist eine Stuhltransplantation?


Ärzte übertragen den aufbereiteten Stuhl eines gesunden Menschen in den Darm einer erkrankten Person. Im Gegensatz zu einer Transplantation von Organen ist es hier nicht notwendig, dass Empfänger und Spender ähnliche Immunsysteme besitzen. Mediziner nennen die Methode auch gerne Stuhltransfer, um den Prozess verständlich zu machen.

Der Stuhl enthält zahlreiche Mikroorganismen, das intestinale Mikrobiom, die einen wichtigen Teil des menschlichen Organismus sowie seines Abwehrsystems darstellen. Ist die Darmflora angegriffen oder zerstört, kann eine Stuhltransplantation helfen.

Wissenschaftler erforschen verschiedene Anwendungsgebiete für die Behandlung. Die Anwendung des Stuhltransfers bei einer wiederholt auftretenden Infektion mit dem Erreger Clostridium difficile (CDI) ist dabei bisher am erfolgreichsten. Die Erkrankung galt bislang als schwierig zu behandeln und führte häufig zu Rückfällen. Circa 85 Prozent der Betroffenen können mithilfe der Stuhltransplantation geheilt werden. Eine Therapie mit dem Antibiotikum Vancomycin kommt im Vergleich dazu lediglich auf eine Heilungsrate von circa 30 Prozent.

Weitere mögliche Anwendungsgebiete der Stuhltransplantation


  • chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa)
  • funktionelle Darmerkrankungen (zum Beispiel das Reizdarmsyndrom)
  • krankhafte Fettleibigkeit (Adipositas)
  • Insulinresistenz
  • Autismus
  • Multiple Sklerose

Ärzte stehen hier erst am Anfang eines langen Weges. Noch sind viele Fragen zur Anwendung und Dosierung des Mikrobiom-Transfers offen. So weiß man noch wenig über die Wirkmechanismen der Fäkaltransplantation. Daher ist sie zum Beispiel bei schwerwiegenden Erkrankungen wie dem Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa derzeit noch keine Option. Da betroffene Patienten oftmals über eine gestörte Darmflora verfügen, sehen Mediziner hier für die Zukunft eine hoffnungsvolle Behandlungsmöglichkeit.

In Deutschland regelt das Arzneimittelgesetz die Aufbereitung der Stuhlspende. Eine zentrale Dokumentation der Transplantationen hilft bei der Erkennung von Wirkungen und Nebenwirkungen.

Wer führt eine Stuhltransplantation durch?


Der Stuhltransfer gehört in das Fachgebiet der Gastroenterologie. Fachärzte für Magen-Darm-Erkrankungen nutzen ihre Geräte aus der Endoskopie und bringen den gespendeten und aufbereiteten Stuhl entweder mit einer Sonde von oben durch den Magen in den Darm ein oder in Verbindung mit einer Darmspiegelung von der anderen Seite.

Um den Patienten ausreichend überwachen zu können, wird eine Stuhltransplantation meist stationär in einer gastroenterologischen Abteilung eines Krankenhauses durchgeführt. Der Spenderstuhl wird in seiner aufbereiteten Form entweder per Magenspiegelung in den oberen Dünndarm eingebracht oder per Darmspiegelung in den rechtsseitigen Dickdarm.

Im Fall einer Darmspiegelung bekommt der Empfänger des Stuhltransfers einen Tag vor dem Eingriff eine Lösung zur Darmspülung, wie bei einer normalen diagnostischen Darmspiegelung auch. Im Anschluss an die Stuhltransplantation kann der Patient aufstehen und sich vollkommen normal ernähren. Schon am nächsten Tag wird man in der Regel wieder entlassen. Nach etwa zwei Tagen sind eventuelle Symptome wie Durchfall oder Blähungen meist verschwunden.

Stuhltransplantation per Kapsel?

Zusätzlich untersuchen Forscher aktuell die Möglichkeit der Stuhltransplantation über Kapseln. Bei einer solchen Behandlung könnte auf den invasiven Eingriff verzichtet werden. An der Universität Köln wurden die Darmflorakapseln bereits erfolgreich bei Infektion mit Clostridium-difficile-Bakterien getestet.

Woher kommt der Spenderstuhl?

Der Mensch, der den Stuhl für den Patienten spendet, kommt am besten aus dem Kreis der Familie oder zumindest aus dem unmittelbaren Umfeld. So sind sich die Darmbakterien von Empfänger und Spender ähnlich und die Infektionsgefahr geringer.

Im Vorfeld schließt der betreuende Gastroenterologe Infektionskrankheiten und spezielle krankmachende Darmkeime beim Spender aus. Wissenschaftler empfehlen ein Screening auf Hepatitis B und C, HIV, das Zytomegalievirus, Syphilis und Tuberkulose, um eine eventuelle Ansteckungsgefahr von vornherein zu minimieren. Nach der Untersuchung im Labor verflüssigen und filtern die Mediziner den Spenderstuhl und führen ihn anschließend dem Patienten zu.

Was kostet eine Stuhltransplantation?


Der Preis kann von Klinik zu Klinik variieren. Wendet der behandelnde Arzt den Stuhltransfer zur Therapie einer wiederholt auftretenden Infektion mit dem Bakterium Clostridium difficile an, übernimmt die Krankenkasse im Allgemeinen die Kosten für den stationären Aufenthalt und die endoskopische Untersuchung, die der Arzt nutzt um den Spenderstuhl einzubringen. Die Aufarbeitung des gespendeten Stuhls beläuft sich auf circa 180 bis 200 Euro. Die Untersuchung des Spenderstuhls auf seine mikrobiologische Zusammensetzung sowie mögliche Krankheitskeime kann in einem Rahmen von 650 Euro liegen.

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