Die Blinddarmentzündung, von Medizinern Appendizitis genannt, ist ein häufiges Krankheitsbild in der Chirurgie. Im Kindesalter ist sie sogar die häufigste entzündliche Baucherkrankung. Der Blinddarm ist aber nicht das, wofür ihn die meisten Menschen halten. Was allgemein als Blinddarm bezeichnet wird, ist in der Medizin tatsächlich nur der Wurmfortsatz oder die Appendix vermiformis – ein Anhängsel des eigentlichen Blinddarms. Der anatomisch korrekt bezeichnete Blinddarm ist der letzte Abschnitt des Dickdarms, nach der Abzweigung des Dünndarms.

Wo liegt der Blinddarm?


Der Wurmfortsatz liegt bei den meisten Menschen im rechten Unterbauch auf dem Darmbeinmuskel. Manchmal liegt er auch an einer anderen Stelle im Bauchraum. Seinen Namen verdankt er seiner Form, da er in Form und Größe einem Regenwurm ähnelt.

Dieser kleine Wurmfortsatz ist nicht direkt an den Verdauungsvorgängen beteiligt, sondern stellt einen Teil des Immunsystems dar. Er ist mit den weit entfernt liegenden Mandeln im Hals-Nasen-Ohrenbereich verbunden. Die gesunden Darmbakterien, die sich im Wurmfortsatz aufhalten, kontrollieren die Abwehrlage im Dickdarm und versorgen die Darmflora zum Beispiel nach einer Durchfallepisode mit Nachschub an gesunden Keimen.

Symptome einer Blinddarmentzündung


Da der Blinddarm aus Gewebe besteht, das zum Immunsystem gehört, kann sich der komplette Darmabschnitt entzünden, anschwellen und zu einer Bedrohung für Leben und Gesundheit werden. Je jünger der Patient ist, desto unspezifischer sind die Symptome.

Bei Erwachsenen treten meist als erste Beschwerden zunehmende Bauchschmerzen auf, die schlecht zuzuordnen sind. Relativ rasch, in einem Zeitraum von wenigen Stunden, werden die Schmerzen aber eher begrenzt und scharf und wandern in den rechten Unterbauch.

Liegt der Wurmfortsatz an einer untypischen Stelle, bewegen sich die Schmerzen in den Rücken, die Leistenregion oder in den linken Unterbauch. Auch im Rahmen einer Schwangerschaft wird die Appendix nach oben verdrängt und eine Entzündung schmerzt eventuell nicht an der typischen Stelle.

Weitere häufig beobachtete Symptome sind

  • Fieber
  • Erbrechen
  • Verstopfung
  • Durchfall
  • beschleunigter Herzschlag
  • Erschütterungsschmerz
  • Temperaturunterschied von mindestens 1 Grad Celsius zwischen oraler und rektaler Messung

Formen der Blinddarmentzündung


Nicht jede Appendizitis verläuft gleich. Abhängig von der Dauer der Erkrankung und dem individuellen Gesundheitszustand sowie dem Alter des Betroffenen, beobachten Mediziner verschiedene Verläufe und Formen der Erkrankung.

Einfache Blinddarmentzündung ( Appendizitis simplex)

Eine einfache Blinddarmentzündung verläuft in zwei Stadien. Sie beginnt mit dem katarrhalischen Stadium, das durch Schwellung und Entzündung ohne die Bildung von Eiter gekennzeichnet ist. Die Erkrankung kann sich spontan zurückbilden. Bildet sich Eiter, befindet sich die Entzündung im seropurulenten Stadium. Ein Übergang in eine sogenannte zerstörerische Blinddarmentzündung kann folgen. Spätestens jetzt ist eine Operation notwendig.

Zerstörerische Blinddarmentzündung (Appendizitis destructiva)

Hat die Erkrankung das destruktive Stadium erreicht, baut der Körper das befallene Gewebe langsam ab. Behandelt der Arzt die Entzündung jetzt nicht mit einer operativen Entfernung des Wurmfortsatzes, kann dieser platzen (perforieren) und eine lebensbedrohliche Bauchfellentzündung verursachen. Der Innenraum der Appendix hat sich mit Eiter gefüllt und kann diesen in den Bauchraum entleeren.

Ursachen einer Appendizitis


Eine Blinddarmentzündung entsteht durch eine bakterielle Infektion. Besonders häufig breitet sich eine solche Infektion aus, wenn der Innenraum des Wurmfortsatzes verlegt ist und ein Sekretstau folgt, der eine Reizung der Schleimhaut hervorruft.

Begünstigende Faktoren für eine Blinddarmentzündung sind zum Beispiel:

  • Kotsteine
  • Wurminfektionen
  • Verwachsungen
  • Abknicken der Appendix
  • unverdauliche Fremdkörper (Kirschkerne oder andere Kerne aus verschiedenen Obstsorten)

Chronische Darmerkrankungen wie der Morbus Crohn können sich ebenfalls auf den Wurmfortsatz ausweiten.

Diagnose einer Blinddarmentzündung


Im Patientengespräch, der Anamnese, erhält der Arzt einen ersten Eindruck der Beschwerden. Aufgrund der typischen Symptome einer Appendizitis wird er rasch zu einer Verdachtsdiagnose kommen. Es folgt die körperliche Untersuchung, die den Verdacht weiter untermauern kann.

Lässt der Arzt zum Beispiel ein Kind auf einem Bein hüpfen, ist dies bei einer Blinddarmentzündung nicht möglich, da der Erschütterungsschmerz zu stark ist. Untersucht er den Bauch des Patienten, kann der Schmerz an bestimmten Druckpunkten besonders stark sein oder der sogenannte Loslassschmerz lässt an eine Blinddarmentzündung denken.

Der Körper schützt sich zusätzlich mit einer reflexartigen Abwehrspannung. Drückt der Untersucher auf den erkrankten Bauch, spannen sich die Bauchmuskeln automatisch an und halten dagegen. Ist bereits eine Bauchfellentzündung entstanden, kann der Arzt die Abwehrspannung im gesamten Bauchraum beobachten.

Schmerzpunkte unterstützen die Diagnose

Die Lage des Wurmfortsatzes im Bauch lässt sich ungefähr auf einer Linie zwischen dem Bauchnabel und dem rechten Beckenknochen darstellen. In der Mitte der Linie liegt der sogenannte McBurney-Punkt, der im Rahmen einer Appendizitis stark druckschmerzhaft sein kann. Zieht man eine gedankliche Linie quer über den Bauch von Darmbeinvorsprung zu Darmbeinvorsprung, liegt ein weiterer Schmerzpunkt, der Lanz-Punkt, mittig auf der rechten Hälfte. Zusätzlich kennt die Medizin die folgenden typischen Untersuchungen, um eine Appendizitis festzustellen:

  • Rovsing-Zeichen: schmerzhafter Dickdarm nach Ausstreichen gegen den Uhrzeigersinn in Richtung des Blinddarms
  • Blumberg-Zeichen: Drückt der Arzt den Unterbauch auf der linken Seite ein und lässt ihn wieder los, treten die Schmerzen im rechten Unterbauch auf.
  • Douglas-Schmerz: schmerzhafte rektale Untersuchung
  • Psoas-Schmerz: Hebt der Arzt das rechte Bein des Patienten gestreckt an, provoziert er damit Schmerzen im rechten Unterbauch.

Weiteren Aufschluss gibt eine Laboruntersuchung. Hat ein Patient eine Appendizitis, ist meist die Anzahl der weißen Blutkörperchen im Blutbild erhöht. Auch das CrP (C-reaktives Protein) kann die vorliegende Entzündung deutlich machen.

Bildgebende Verfahren

Um die Verdachtsdiagnose Appendizitis zu sichern, wird meist eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) des Bauchs durchgeführt. Ist der Blinddarm gesund, wird der Untersucher ihn auf seinem Bildschirm kaum erkennen. Ein geschwollener, entzündlich veränderter Wurmfortsatz ist dagegen deutlich darstellbar.

Die Computertomografie kann ebenfalls zur Diagnose eingesetzt werden, ist dem einfacheren Ultraschall aber selten überlegen und daher kaum notwendig. Eine sichere Diagnose kann mit der minimalinvasiven Bauchspiegelung gestellt werden, die in vielen Fällen auch gleich die Entfernung des entzündeten Blinddarms ermöglicht.

Die Behandlung der Appendizitis


Besteht der begründete Verdacht auf eine akute Appendizitis, handelt der Arzt in der Regel rasch, um Komplikationen zu vermeiden. Es erfolgt die Aufnahme auf eine chirurgische Station im Krankenhaus, wo der Patient beobachtet wird und nüchtern bleiben muss. So wird der Darm entlastet und einer eventuell notwendigen Vollnarkose steht nichts im Weg.

Sobald die Diagnose feststeht, erfolgt die operative Entfernung des erkrankten Wurmfortsatzes. Die Blinddarmoperation (Appendektomie) kann am offenen Bauch oder minimal-invasiv mit dem Endoskop durchgeführt werden. Die Methode der „Schlüsselloch-Chirurgie" wird bevorzugt im Anfangsstadium der Erkrankung eingesetzt.

Ist die Appendizitis bereits fortgeschritten, bevorzugen viele Chirurgen die offene Operation. Eine abwartende Haltung mit antibiotischer Therapie und Bettruhe wird dagegen nur sehr selten gewählt.

Was Sie nach einer Blinddarmoperation beachten müssen

Egal nach welcher Methode der Patient operiert wurde, eine Woche körperliche Schonung ist sinnvoll. Gründe zur sofortigen Wiedervorstellung in der Klinik sind zum Beispiel Fieber, Bauchschmerzen oder eine Wunde, die rot oder warm ist und nässt.

Fangen Sie mit leichter Kost an und gehen Sie zügig wieder zu Ihren normalen Ernährungsgewohnheiten über. Eine besondere Diät ist nicht notwendig. Duschen ist für gewöhnlich ab dem dritten Tag nach der Operation unproblematisch. Bringen Sie aber noch keine Seife direkt auf die Wunde. Baden oder der Gang in die Sauna ist nach drei Wochen wieder möglich.

Nach einer endoskopischen Operation sollten Sie für zwei Wochen auf Sport und das Tragen von Lasten verzichten. Wurde Ihre Appendizitis offen operiert, sind sechs Wochen Schonung empfohlen. Drei Monate nach der Operation ist Ihre Bauchmuskulatur wieder voll belastungsfähig.

Sie möchten mehr zum Thema erfahren:
Quellen anzeigen
  • Speer, Gahr; Pädiatrie; Springer Verlag; Heidelberg 2005
  • Giulia Enders, Darm mit Charme, Alles über ein unterschätztes Organ, Ullstein Buchverlage Berlin 2014
  • Karl-Walter Jauch, Wolf Mutschler, Johannes N. Hoffmann, Karl-Georg Kanz; Chirurgie Basisweiterbildung: In 100 Schritten durch den Common Trunk; Springer-Verlag; Heidelberg 2012