Unverträglichkeit oder Stoffwechselerkrankung? Das sind die Unterschiede!
Im Rahmen der Diskussion um die Unverträglichkeit von Fructose (auch: Fruchtzucker) tauchen verschiedene Begrifflichkeiten auf:
- Malabsorption: Wenn umgangssprachlich von einer Intoleranz oder Unverträglichkeit gegenüber Fructose gesprochen wird, ist in den meisten Fällen die sogenannte Fructose-Malabsorption gemeint. Dabei kann der Dünndarm Fructose nur bis zu einer bestimmten Menge aufnehmen und an den Blutkreislauf weitergeben, der Rest gelangt in den Dickdarm und verursacht dort bei der Verdauung Symptome wie zum Beispiel Blähungen, Bauchschmerzen oder Durchfall. Die Behandlung besteht lediglich in der Reduzierung fructosehaltiger Nahrungsmittel.
- Hereditäre Fructoseintoleranz: Diese erblich bedingte Stoffwechselerkrankung tritt vergleichsweise selten auf. Betroffenen fehlt von Geburt an ein bestimmtes Enzym (Fructose-1-Phosphat-Aldolase), welches dem Abbau von Fructose im Körper dient. Der Stoff Fructose-1-Phosphat reichert sich dadurch in der Leber an und verursacht dort langfristig Schäden. Aus diesem Grund kann die hereditäre Fructoseintoleranz lebensgefährlich werden, wenn sie nicht erkannt wird. Die ersten Symptome (wie Erbrechen, Unterzucker, Übersäuerung) treten meist bereits bei Kindern im Alter von wenigen Monaten auf, wenn angefangen wird, fructosehaltige Beikost oder Fertignahrung zu füttern. Im nachfolgenden Text geht es in erster Linie um die weitaus häufiger verbreitete, zuerst genannte Fructose-Malabsorption, die im allgemeinen Sprachgebrauch als Fructoseunverträglichkeit oder -intoleranz bezeichnet wird.
Ursache und Symptome der Fructoseintoleranz: Das passiert im Körper
Im Normalfall verwertet der Körper die aufgenommene Fructose bereits im Dünndarm. Hierzu steht ihm ein Transportprotein mit dem Namen GLUT-5 zur Verfügung. Es bindet die Fruchtzuckermoleküle an sich und leitet sie durch die Darmwand in den Blutkreislauf, wo sie dem Körper als schneller Energielieferant zur Verfügung stehen.
Bei Menschen mit Fructose-Malabsorption ist die Funktion der GLUT-5 Transportproteine gestört. Das führt dazu, dass nicht alle Fructose-Moleküle verstoffwechselt werden können und stattdessen im Darm weiter wandern, bis sie in den Dickdarm gelangen.
Eine Folge davon ist beispielsweise, dass dem Dickdarm Wasser entzogen wird (was zu Durchfall führen kann). Zudem fermentieren (umwandeln) die dort befindlichen Darmbakterien die Fructose und setzen dabei verschiedene Stoffwechselprodukte wie Gase frei, die möglicherweise Darmgeräuschen, Völlegefühl sowie Blähungen verursachen. Weitere Symptome, die im Rahmen einer Fructoseunverträglichkeit auftreten können, sind außerdem Mundgeruch, Antriebslosigkeit (bis hin zu Depression) und Nervosität.
Blähungen & Blähbauch
Nicht nur Fructoseintoleranz gilt als Auslöser für einen Blähbauch. Welche Ursachen gibt es noch und was hilft?
Diagnose: Wie lässt sich die Fructose-Malabsorption nachweisen?
Mithilfe des sogenannten H2-Atemtests wird in gastroenterologischen Facharztpraxen und einigen Kliniken eine Lebensmittelunverträglichkeit (beispielsweise auch eine Laktoseintoleranz) überprüft. Der Patient muss dazu eine Fruchtzuckerlösung zu sich nehmen. Liegt eine Fruchtzuckerintoleranz vor, wandern die Moleküle auf dem oben beschriebenen Weg in den Dickdarm, wo Bakterien sie fermentieren. Bei diesem Prozess wird Wasserstoff erzeugt, der durch die Darmwand in den Blutkreislauf und bis zur Lunge gelangt. Von hier nimmt der Wasserstoff über die Atemluft den Weg aus dem Körper und ist über das spezielle Messgerät ermittelbar.
Der H2-Atemtest beinhaltet verschiedene Messungen, um Vergleichswerte zu schaffen. Zunächst vor der Einnahme der Lösung, um einen “nüchternen” Wert zu erlangen. In verschiedenen Abständen wird auch nach dem Trinken des fructosehaltigen Getränks gemessen. Ist ein Anstieg der Wasserstoffkonzentration im Atem zu beobachten, kann davon ausgegangen werden, dass eine Intoleranz gegenüber Fructose vorliegt.
Selbsttest
Es gibt eine einfache Möglichkeit, selbst einzuschätzen, ob eine Unverträglichkeit gegenüber Fructose wahrscheinlich ist. Trinken Sie hierfür auf leerem Magen ein Glas Multivitaminsaft. Wichtig ist, dass Sie am Vorabend keine schweren Speisen zu sich genommen haben, die das Ergebnis verfälschen würden (da sie schwer verdaulich sind). Bemerken Sie in den folgenden Stunden Verdauungsbeschwerden, ist dies ein Hinweis dafür, dass Sie unter einer Fructose-Malabsorption leiden. Sie sollten dann nicht zögern, einen Arzt aufzusuchen, der diese Vermutung überprüft und eine Diagnose stellt.
Akute Symptome: Gibt es mögliche Behandlungen?
Leider gibt es keine Therapie gegen die Unverträglichkeit. Wer akut unter Beschwerden aufgrund der Fructoseintoleranz leidet, kann jedoch zunächst probieren, mit einfachen Hausmitteln gegen die Verdauungsprobleme vorzugehen. Dazu zählen unter anderem beruhigende Tees (Ingwer, Anis, Kümmel, Fenchel) und Wärme, beispielsweise durch eine Wärmflasche oder ein Kirschkernkissen. Verbessern sich starke Symptome nicht, kontaktieren Sie bitte einen Arzt.
Denken Sie zudem über eine Ernährungsumstellung nach, denn Ihren Fructosekonsum sollten Sie – wenngleich nicht vollständig – am besten einschränken. Lebensmittellisten mit fructosearmen und -reichen Nahrungsmitteln können Sie bei Ihrem nächsten Einkauf unterstützen. Holen Sie sich bei Bedarf zusätzlich Tipps von einem Ernährungsberater.
Lebensmittel-Tabellen: Hoher oder niedriger Fructosegehalt?
Da es keine spezielle Therapie gibt, gilt es, den Konsum von fruchtzuckerhaltigen Lebensmitteln einzuschränken, um Beschwerden weitestgehend zu vermeiden. Für Fructoseintoleranz-Patienten gestaltet sich ein Einkauf im Supermarkt jedoch oft schwierig. Denn Fructose ist nicht nur in offensichtlichen Nahrungsmitteln wie Obst enthalten. Was ist zum Beispiel mit verarbeiteten Produkten? Studiert man die Inhaltsstoffe verschiedener Packungen genauer, wird man feststellen, dass Fruchtzucker ein häufiger Bestandteil ganz unterschiedlicher Lebensmittel ist und sich gar nicht so einfach aus der täglichen Ernährung streichen lässt. In vielen Desserts und Marmeladen dient zugefügte Fructose beispielsweise als Geschmacksverstärker, in manchen Backwaren als Feuchthaltemittel. Was sollten Betroffene also einkaufen?
Unbedenklich genießen – Nahrungsmittel mit geringem Fructosegehalt
Glücklicherweise ist die Liste der Lebensmittel, die kaum oder nur wenig Fructose enthalten, lang und ermöglicht so trotz Unverträglichkeit eine ausgewogene und gesunde Ernährung:
- Milchprodukte ohne Fruchtzusatz (Naturjoghurt, Quark)
- einige Gemüse wie Blattsalate, Spinat und Champignons
- Nüsse (außer Erdnüsse)
- Butter, Margarine und Pflanzenöle
- Fleisch und Fisch (naturbelassen)
- Eier
- Mehl und Getreideprodukte ohne Zucker und Hefe (beispielsweise Toastbrot)
- Traubenzucker
- weißer Reis und Kartoffeln1
Allgemein sollte darauf geachtet werden, die Mahlzeiten aus frischen Zutaten zuzubereiten. Denn gerade Fertigprodukte beinhalten oft eine hohe Menge an Fruchtzucker als Geschmacksverstärker.
Nahrungsmittel mit hohem Fructosegehalt: Hier ist Vorsicht geboten
Diese Lebensmittel haben einen vergleichsweise hohen Fructosegehalt:
- Obst (inklusive Trockenobst)
- vereinzelte Gemüsesorten wie Tomaten, Artischocken oder Karotten
- Backwaren mit Hefe oder Zucker (Brot oder Brötchen)
- Honig und Marmelade
- Nahrungsmittel mit Sorbit (ein weiterer Zucker, oft in Diabetikerlebensmitteln)
- Früchtetees oder -säfte
- einige (vor allem liebliche) Weinsorten1
Wichtig:
Wie gut die jeweiligen Lebensmittel vertragen werden, ist individuell unterschiedlich. Oft kommt es zum Beispiel vor, dass gewisse Nahrungsmittel bis zu einer bestimmten Menge bekömmlich sind und daher verzehrt werden können.
Generell ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Fructoseintoleranz nicht automatisch auf jegliche Art von Obst verzichtet werden sollte, denn dieses trägt zu einer ausgewogenen und gesunden Ernährung maßgeblich bei. Des Weiteren passt sich der Körper bei vollständigem Verzicht mit der Zeit an und reagiert womöglich bereits mit Symptomen auf geringe Mengen, die zuvor noch toleriert wurden.
Es empfiehlt sich, individuell auszutesten, wie der Körper bestimmte Sorten und Mengen aufnimmt. Idealerweise wird keine große Dosis Fruchtzucker auf einmal zugeführt, sondern lieber in kleineren Portionen über den Tag verteilt. Zu beachten ist darüber hinaus vor allem die Kombination der einzelnen Nahrungsbestandteile. Beispielsweise fördert Glukose (Traubenzucker) die Aufnahme von Fructose im Darm – ein günstiges Fructose-Glukose-Verhältnis in einem Lebensmittel kann sich daher positiv auf die Beschwerden auswirken.1
Nicht verwechseln
Die sehr seltene Stoffwechselerkrankung hereditäre Fructoseintoleranz stellt einen Extremfall dar: Hier muss bereits ab der Geburt darauf geachtet werden, dass Betroffene keinerlei Fruchtzucker zu sich nehmen. Die Konsequenzen wären sonst eine Anreicherung der Leber mit Fructose und daraus resultierende Leberschäden.
Auch von einer Fruchtzuckerunverträglichkeit zu unterscheiden ist die essenzielle Fructosurie. Dabei handelt es sich um einen Gendefekt, durch welchen es zu einer vermehrten Ansammlung von Fruchtzucker im Blut kommt. Meist verläuft die essenzielle Fructosurie aber beschwerdefrei, da die überschüssige Fructose einfach über den Urin ausgeschieden wird.